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Die Reihe Limbus Preziosen im Porträt

Von Bernd Schuchter

Preziosen sind Perlen, die es zu entdecken gilt, wenig Bekanntes oder Vergessenes oder – wie im Fall von Henry David Thoreau – auch berühmte Texte in der Nussschale, etwa sein grandioser Essay Leben ohne Grundsätze. Die dahinterstehende Idee ist es, mit kürzeren, angenehm lesbaren Texten den Einstieg in die Weltliteratur zu erleichtern.
Die Bände der kleinen Reihe im schmalen Format zum günstigen Preis sind der ideale Begleiter für die Westentasche: mit Texten von Kurt Tucholsky, Henry David Thoreau, Heinrich Heine oder Marlen Haushofer. Bücher zum Neben-die-Kassa-Legen, individuell gestaltet und sorgfältig ausgestattet. Die Bücher geben aber auch einen Überblick über Leben und Werk der jeweiligen Autor*innen: Ein Nachwort und eine Zeittafel oder ein Glossar ergänzen diese kleinen Entdeckungen jeweils. Hervorzuheben ist auch die individuelle Gestaltung der Einbände, für die mehrere Zeichnerinnen verantwortlich sind, seien es die schlichten Arbeiten von Johanna Rüdisser, die auch zahlreiche Bände der Lyrikreihe gestaltet hat, die markanten Illustrationen von Johanna Uhrmann oder die feingliedrigen Aquarelle von Hannah Flattinger.
Kürzlich erschien mit Gustav Landauer oder Die gestohlene Zeit ein Porträt des großen Revolutionärs und zugleich eine Liebesgeschichte, geschrieben von Wilfried Steiner. Denn auch das können Preziosen sein, Annäherungen an klassische Texte, ihre Autor*innen und ihre Zeit. Diese Annäherung gelingt Wilfried Steiner auch mit dem Essay Die wilde Fahrt des Arthur Rimbaud, in dem es um das Jahrhundertgedicht Le Bateau Ivre geht und der zugleich ein intimes Porträt des jugendlichen Genies Arthur Rimbaud ist. Nach wie vor aktuell ist auch der Essay Zur Erteilung des Frauenwahlrechts von Harriet Taylor Mill, der auch nach über hundert Jahren nichts von seiner Relevanz verloren hat. Lesbar und von schlichter Eleganz sind auch die bisher nahezu unbekannten Märchen von Marlen Haushofer, Entdeckungen die Erzählungen von Franziska zu Reventlow und Gustav Meyrink, amüsant die Auslassungen von Erich Mühsam in Soll man Memoiren schreiben? und Kurt Tucholsky mit seinem Traktat über den Hund.
Im aktuellen Programm geht es schließlich um das gepflegte Reisen; sowohl Vernon Lee als auch Joseph Roth haben darüber viel zu erzählen. Lees Über die moderne Art des Reisens muss man natürlich aus der Zeit heraus verstehen, war doch die Bahnfahrt damals state of the art. Und dass Joseph Roths unstetes Wanderleben exzellent zu einem Leben im Hotel passen mag, kann da nicht weiter verwundern.

 

Limbus Preziosen

Preziosen sind Kostbarkeiten, etwas Wertvolles und Besonderes, das es zu entdecken gilt. In der Reihe Limbus Preziosen erscheint besondere Literatur in ansprechender Ausstattung mit individuellem Buchschmuck; eine Hommage an die leidenschaftliche Buchgestaltung der Gründerzeitverlage, natürlich mit Lesebändchen.
Ein Schwerpunkt der Reihe sind besonders lesenswerte Texte zeitgenössischer Autorinnen und Autoren, die eine ebenso besondere Ausstattung verdienen; zu erwähnen sind etwa Gunna Wendts wunderbarer Essay Henrik Ibsen und die Frauen oder der Roman Muttertag von Ralf Schlatter. Viel Aufmerksamkeit erregte auch das kluge Plädoyer über die Grenzen des Kommunizierens von Lukas Meschik, es war in mehrfacher Hinsicht eine Einladung zur Anstrengung.
Einen zweiten Schwerpunkt in der Reihe Limbus Preziosen bilden die sorgfältig edierten Neuauflagen weniger bekannter Texte berühmter Autorinnen und Autoren, neu zu entdeckende Klassiker aus Philosophie und Literatur von Heinrich Heine über Beaumarchais bis hin zu Henry David Thoreau oder Klassikern der Moderne wie Marlen Haushofer.